Die Grenzen der Wirtschafts-Globalisierung
Das Stichwort "Globalisierung" wird aus wirtschaftlicher Sicht oft und vor allem mit der Verlagerung von Arbeitsplätzen verbunden. Das Wirtschaftssystem neigt dazu, dort Produkte herstellen zu lassen, wo die Produktionskosten möglichst niedrig sind bzw. wo die Effizienz zur Herstellung möglichst groß ist. Aus globaler Sicht macht dies Sinn: Warum sollte die Menschheit einen höheren Aufwand zur Produktion akzeptieren, wenn durch eine globale Arbeitsteilung effizienter produziert werden kann?
Dem globalen Produktionsprozeß sind jedoch Grenzen gesetzt, denn nicht alle Produkte sind exportierbar. Der Dienst am Menschen, also die Dienst-Leistung ist nur bedingt exportierbar. Haareschneiden, Pflegedienste, Mensch-zu-Mensch-Bildung, Kultur und vieles mehr muß dort erbracht werden, wo diese Tätigkeiten auch "konsumiert" werden: Am Menschen bzw. im direkten Umfeld des Menschen. (Ein Exportieren der Friseurleistungen ist nur möglich, wenn der Kunde gleich mit exportiert wird --> Abwanderung)
Ähnliches gilt für regional spezifische Produkte, wie landwirtschaftliche Erzeugnisse, die an klimatische Bedingungen geknüpft sind oder auch für den Regionalverkehr.
Daraus folgt: Eine Vielzahl von Produkten und der Großteil von Dienstleistungen müssen regional erbracht werden, da sie nicht exportierbar sind.
Das Austrocknen der regionalen Geldkreisläufe
Die heute global eingesetzten Währungssysteme folgen aufgrund ihres Aufbaus einem simplen Gesetz: Geld fließt immer dahin, wo die höchste Verzinsung zu erwarten ist. Die höchste Rendite ist dort zu erwarten, wo hohe wirtschaftliche Wachstumsraten herrschen. Grade in den entwickelten Regionen der Welt ist jedoch ein gewisses Maß an Sättigung der Märkte zu beobachten - sie läßt sich an der Stagnation der Wirtschaftskraft ablesen ("Nullwachstum"). Das globale Geld fließt deshalb in wachstumsstarke Regionen und hinterläßt überall dort Geldknappheit, wo die Wirtschaftskräfte schwächeln.
Daraus folgt eine sich selbst verstärkende Dynamik: Wo es an Geld als Tauschmittel mangelt, wird der Leistungsaustausch zwischen den Menschen schwieriger: Arbeitslosigkeit entsteht, die Wirtschaftskraft geht zurück, noch mehr Geld fließt ab - und der Wohlstand einzelner Regionen ist gefährdet.
Das Individuum, globale Währungen und die Wertschöpfungskette
Dem Prozeß der Globalisierung setzt der mündige Verbraucher ein neues Kaufverhalten gegenüber: Er achtet mehr auf die Herkunft der Waren, die er kauft. Regionale Produkte werden von ihm bevorzugt.
Das Individuum kann jedoch mit einer globalen Währung wie dem Euro nur oberflächlich bestimmen, wieviel regionale Leistung tatsächlich in dem gekauften Produkt steckt. Im krassesten Szenario ist es denkbar, daß alle Arbeitsschritte für die Herstellung eines Produktes außerhalb der Region des Individuums stattfinden. Nur die Etikettierung findet in der Region des Individuums statt: "made in germany" ("Etikettierindustrie"). Oberflächlich betrachtet erscheint es dann, als sei ein regionales Produkt gekauft worden und damit die Wirtschaft im direkten Umfeld des Individuums gestärkt worden. Die genaue Analyse der Wertschöpfungskette würde zwar ergeben, daß dies nicht der Fall ist, aber welcher Endverbraucher hat die Möglichkeit, diese Analysen vorzunehmen und seinen Einkaufszettel daran auszurichten?
Bei der Nutzung globaler Währungen verliert der Endverbraucher also die Kontrolle darüber, was der Verkäufer mit seinem Erlös anstellt - ob damit tatsächlich regionale Wertschöpfung gefördert wird oder ob überwiegend überregionale Zulieferung einfließt.
Regionale Währungen als Steuerungsinstrument des Endverbrauchers
Das, was der Endverbraucher bei der Nutzung globaler Währungen an Kontrolle über die Wertschöpfungskette verliert, gewinnt er bei der Nutzung regionaler Währungen dazu. Kauft er im Einzelhandel mit einer regionalen Währung, so kann der Einzelhändler diese Einnahmen nur innerhalb des regionalen Währungsgebietes ausgeben. Egal welchen Zulieferer der Händler mit der regionalen Währung bezahlt - auch dieser Zulieferer ist aufgrund der begrenzten regionalen Gültigkeit der Währung in der Situation, sich erneut regionale Lieferanten für seine Vorprodukte zu suchen. Der Endkunde kann sich bei der Nutzung regionaler Währungen also sicher sein, daß ein viel größeres Maß an regionaler Wertschöpfung in dem von ihm gekauften Produkt steckt.
Regionale Währungen geben dem Endkunden also eine Art Steuerungsinstrument in die Hand, mit dem er Einfluß auf die gesamte Wertschöpfungskette ausübt und nicht nur auf das regionale Bewußtsein der Händler und Hersteller angewiesen ist.
Regionale Währungen formen regionale Märkte
Eine Währung bildet einen Markt. Der Euro als europäische Währung hat dazu geführt, daß es einen riesigen Binnenmarkt in Europa gibt. Über die Währung hängen alle Wirtschaftsteilnehmer miteinander zusammen und kaufen und verkaufen Dienstleistungen innerhalb desselben Währungsraumes und somit innerhalb desselben Marktes.
Eine regionale Währung bildet einen regionalen Markt. Die Größe des Marktes wird durch die Größe des Währungsraumes bestimmt. Wird eine Regionalwährung ergänzend zu einer überregionalen Währung genutzt, so haben die Wirtschaftsteilnehmer die Wahl zwischen zwei Märkten, in denen sie agieren können. Innerhalb des regionalen Marktes werden vor allem regional erbrachte Leistungen und Güter gehandelt, durch die überregionale Währung bleibt der Zugang zum überregionalen Markt weiterhin vorhanden.
Die zusätzlichen Zahlungsmittel, die durch eine regionale Währung den Wirtschaftsteilnehmern zur Verfügung stehen, beleben all jene Wirtschaftskreisläufe, die durch die Geldknappheit im Euro-Markt "ausgetrocknet" sind. Eine Region, die sich durch den Einsatz einer regionalen Währung einen eigenen regionalen Markt schafft, erweitert ihren Handlungsspielraum und fördert ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit - sie bleibt durch die optimale Nutzung überregionaler Währung trotzdem am globalen Wirtschaftsgefüge angeschlossen. (siehe auch Auf welche Weise wirkt eine Regionalwährung?)
Ökologische Aspekte regionaler Währungen
Regionale Märkte sind räumlich enger organisiert. Die Transportwege schrumpfen, wenn Wirtschaftsteilnehmer ihre Lieferanten in ihrer Nähe suchen. Regionale Märkte, die durch regionale Währungen geformt werden, lassen die Wirtschaftsteilnehmer enger zusammenrücken. Die Anzahl und der Umfang von Transporten wird verringert, der Verkehr nimmt ab, der Verbrauch von teurer und knapper werdendem Treibstoff wird vermindert. Für die Region bedeutet dies Kosteneinsparungen sowie eine Entlastung der Umwelt.
Verkürzen sich die Handelswege, ist es für das Individuum einfacher, die Art und Weise der Produktion zu beobachten. Der Gedanke vieler Verbraucher, ökologisch verträglich einzukaufen, wird in einer rein auf Globalisierung ausgelegten Wirtschaft torpediert. Die Kontrolle und Einflußnahme auf Produktionszustände ist schwieriger, wenn diese auf der anderen Seite des Planeten stattfindet. Innerhalb der eigenen Region ist Einfluß auf das Produktionsumfeld einfacher möglich. Grade für die Landwirtschaft ist dies ein interessanter Ausblick.
Fazit
Der Globalisierung der Märkte sind Grenzen gesetzt, die Krisensymptome hervorrufen. Regionale Währungen formen regionale Märkte. Für die Wirtschaftsteilnehmer erhöhen sich dadurch die Handlungsmöglichkeiten, da nicht nur ein globaler, sondern auch ein regionaler Markt zur Verfügung steht. Dem Endkunden werden neue Einflußmöglichkeiten auf die Wertschöpfungskette und damit auf die Art und Weise der Produktion in die Hand gegeben. Es ist zu erwarten, daß sich die Transportwege verkürzen und damit die Umweltbelastung verringert wird.