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Versorgungscluster, regionale Energieautarkie und die Spezialisierung der Regionen

Wirtschaft zwischen Exportorientierung und Regionalisierung

Exportorientierung hat ihre Grenzen. Fallen globale Abnehmer weg, werden die Strukturen in den auf Export ausgerichteten Regionen beschädigt. Dies ist unproblematisch, so lange die in den Exportstrukturen arbeitenden Menschen alternativ im regionalen Wirtschaftsnetzwerk ihr Auskommen finden. Problematisch ist es für Regionen, die ihre Wirtschaftsstruktur einseitig auf den Export ausgerichtet haben und im Gegenzug abhängig von Importen sind, die zur grundlegenden Versorgung der Bevölkerung notwendig sind. Bei einem Einbruch der Exporte ist der Wohlstand der Region besonders gefährdet, was zu hoher Arbeitslosigkeit und Abwanderungsbewegungen führen kann.

Versorgungscluster

Unter einem Cluster versteht man ein besonders engmaschiges Beziehungsnetz von Unternehmen. Die meisten Cluster sind branchenorientiert, vernetzen also Unternehmen aus speziellen Wirtschaftsbereichen untereinander, wie Tourismus-Dienstleister, Chemie-Unternehmen oder Maschinenbauer. Selten sind Cluster branchenübergreifend. Das tägliche Leben der Bevölkerung jeder Region benötigt jedoch eine große Bandbreite von Wirtschaftsleistungen und nicht nur wenige Spezialdienste. Um die Versorgung in einer Region sicherzustellen wäre es angebracht, Versorgungscluster zu organisieren. Diese sollten die Basis-Dienste bereitstellen, die für die Versorgung der Bevölkerung nötig sind. Regionen mit Versorgungscluster sollten im globalen Geschehen wesentlich stabiler aufgestellt sein, da ihre Abhängigkeit im gleichen Maße verringert ist, wie sie die Grundversorgung aus sich selbst heraus erbringen können.

Branchen, die ein solcher Versorgungscluster einbeziehen sollte, stellen also die Basisversorgung einer Region zur Verfügung:

  • Lebensmittel, Landwirtschaftsprodukte
  • Wohnen
  • Energie
  • Bildung
  • Kultur
  • Gesundheitsleistungen
  • menschennahe Dienste, wie Friseurdienste, Kinderbetreuung, Handwerk usw.
  • Mobilität, Regionalverkehr

Die Größe jeder Region ist daran zu orientieren, inwieweit eine kritische Masse an Wirtschaftsakteuren erreicht werden kann, die diese Dienste in ausreichendem Umfang bereitstellen. Zu beachten ist zudem, daß Großstädte und Metropolen ihr Umland in den Regionalisierungs-Ansatz einbeziehen müssen. Die hohe städtische Bevölkerungsdichte macht es natürlicherweise unmöglich, daß beispielsweise ausreichend Landwirtschaftsprodukte innerhalb des Stadtgebietes erzeugt werden können. Deshalb werden bei diesem Ansatz die umliegenden ländlichen Regionen integriert. Kommunen, die geografisch nah an Großstädten liegen, sollten sich gemeinsam mit diesen zu einer Region organisieren und einen gemeinsamen Versorgungscluster aufbauen.(siehe auch: Optimaler Währungsraum)

Regionale Energieautarkie

Besondere Aufmerksamkeit bei der zunehmenden Regionalisierung fällt der Energieversorgung zu. Die meisten Regionen in der industrialisierten Welt sind abhängig von weit entfernten Energiequellen. Erst langsam steigt das Bewusstsein für diese Abhängigkeit und die durch Peak Oil bevorstehenden Umwälzungen. Das Energieproblem ist zudem eng mit dem Klimaproblem verbunden.

Erneuerbare Energien werden die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern verringern und stellen zugleich eine Basis für eine regional orientierte Energieversorgung dar: Soll Energie regional erzeugt und genutzt werden, so bleibt in den meisten Regionen nur der Zugriff auf regenerative Energien. Die meisten Regionen haben in ihrem geografischen Raum keine Vorkommen an Kohle, Öl oder Gas, können also nur auf dezentrale Erzeugungsmethoden zurückgreifen. Was auf den ersten Blick als Problem erscheint, beschleunigt andererseits eine Umstellung der globalen Energieversorgung auf neue Energien, wenn dies jeweils regional geschieht.

Eine durchaus zukunftsträchtige Zielsetzung ist es für Regionen und Kommunen, regionale Energieautarkie über die nächsten Jahrzehnte anzustreben. Dieses Vorhaben kann nicht allein durch die Erzeugung von Energie auf regionaler Ebene erreicht werden. Auch die punktuelle Einsparung von Energie durch Dämmung und Spar-Bewusstsein muss einbezogen werden, genauso wie ein systemischer Ansatz, um energieverbrauchende Prozesse zu optimieren. Einer dieser Ansätze wird bereits angestossen, wenn Regionalisierung verfolgt wird: Die Verkürzung von Transport- und Arbeitswegen spart Energie. Für Kommunen und Landkreise ist es sinnvoll, sich im Rahmen einer Leitbildentwicklung konkrete Zielsetzungen für den Umstieg auf erneuerbare Energien zu setzen. Beispielhaft sei der Landkreis Fürstenfeldbruck genannt, der eine Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien bis zum Jahr 2030 anstrebt.

Regionale Spezialisierung und globale Arbeitsteilung

Über die Selbst-Versorgung der Bevölkerung hinaus wird jede Region am globalen Warenaustausch teilnehmen. Dazu wird der Spezialisierungsgrad in den Regionen zunehmen, wo sich nach dem Cluster-Prinzip eng vernetzte Branchen herausbilden werden, die ganz spezielle Güter überregional absetzen. Die Tendenz zur Spezialisierung ist heute bereits an der Profilierung der Regionen erkennbar, bei der man sich oft auf tradionelle Handwerke oder Industriezweige besinnt oder lokal verfügbares Wissen oder Ressourcen besonders hervorhebt.

Die globale Zusammenarbeit der regionalen Wirtschaftscluster wird vor allem dann benötigt, wenn es um komplexe Produkte geht, die einzelne Regionen gar nicht aus sich selbst heraus erbringen können oder wo regionenübergreifende Dienste, wie beispielsweise Transport- und Kommunikationsdienste, erbracht werden sollen.

Fazit

Die reine Ausrichtung regionaler Wirtschaftsstrukturen am Export ist nicht nachhaltig. Um mehr Stabilität zu erreichen und die Grundversorgung der eigenen Bevölkerung sicherzustellen werden sich regionale Versorgungscluster entwickeln. Gleichzeitig werden Regionen bemüht sein, regionale Energieautarkie anzustreben, um Abhängigkeiten bei der Energieversorgung zu vermindern. Zum globalen Warenaustausch werden sich die Regionen noch intensiver auf Produkte und Dienste spezialisieren, was eine globale Vielfalt an verfügbaren Waren hervorbringt.

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Fußnoten

Norbert Rost, www.regionales-wirtschaften.de, letzte Aktualisierung: 21.11.2008